Spinnaker: 18 Quadratmeter oder nur Fliegen ist schöner

Manchmal dauert es etwas länger, bis Träume wahr werden. Für die Menscheit dauerte es lange, bis der Traum vom Fliegen wahr wurde – für die N-Joy dauerte es ein Jahr, bis gestern. Doch der Reihe nach.

Ich weiß nicht mehr, wer es war, es ist auch nicht wichtig, wir sind ja eine Gemeinschaft, in der nicht das wer zählt, sondern das was: 2021, letzte Saison, sagte jemand, schau mal, die N-Joy hat Umlenkblöcke für Spinnakerschoten, dann müsste es doch auch einen Spinnaker geben?

Es gab ihn, den Spinnaker, er lag einsam zwar, im Winterlager, aber er wurde gefunden. Doch noch lag über Allem auch das C-Wort und die Saison währte nur kurz, zu kurz, keine Zeit für den Spinnaker. Für ihn hieß es wieder: Winterlager.

Der Beginn

Sechs Monate später, April 2022, Aufriggen am Steg: Torsten Ritter: “Wir brauchen neue Spinnakerschoten!” Ich: “Warum?” Torsten: “Weil die alten Schoten zu kurz sind.” O.k., das ist ein Argument. Torsten: “Und bitte in Grün und Rot“.

Neue Schoten: die doppelte Schiffslänge. Wie lang ist die N-Joy?

Ja ganz ehrlich, lieber wäre mir ja so ein maritim-blau gewesen, passend zu den Vor- und Achterleinen; doch, wenn Torsten auf Kleinigkeiten hinweist, hat das einen Grund. Ich fand ihn im Spinnakersack, den Grund: Die Lieken des Spinnakers sind so gekennzeichnet, grün und rot (für die Segler unter euch: überspringt bitte diese Stelle, es ist mir peinlich, aber man lernt nie aus beim Segeln). … und dann kommen die Vor- und Achterleinen ja auch nicht mit aufs Wasser – ist dann vielleicht auch zu vernachlässigen, das mit dem einheitlichen Farbraum …

Der Plan

So also: Boot, mit Umlenkblöcken, mit grünen und roten Schoten, mit Spinnaker, fertig, oder? Nein, natürlich nicht, wär ja auch zu einfach: Toppnant, Toppnantbeschlag, Niederholer, Niederholerbeschlag, Spinnakerfall und das Wichtigste: Wer kann überhaupt Spinnakersegeln, denn ich konnte es ja nicht. Doch da ist ja noch Jochen: Auch Jochen konnte kein Spinnaker segeln, aber er hatte etwas anderes mitgebracht, ein klares Ziel vor Augen: und das Ziel, das war blau!

Die Prüfung

Sonntag, 17. Juli 2022, 14.00 Uhr, 30 Grad: kein Schatten, Prüfung für Mensch und Material, Trockenübung hybrid, auf dem Wasser, aber ordenlich festgebunden am Steg, luvseitig. Jochen Hammes hatte reichlich Leinen und Schäkel im Gepäck und die brauchten wir auch: zwei Hahnepots auf den Spinnakerbaum, war noch einfach, doch was nehmen wir als Spinnakerfall und was als Toppnant und wo kommt der Niederholer hin? – denn dafür fehlt der Beschlag am Mast. Na ja, improvisiert: ein Messer, ein Seil, ein Schäkel, wozu lernt man sonst Knoten, und das Fockfall, das ist auf der N-Joy ja unbenutzt. Und von wo setzen wir den Spi? Eine Ikeatüte, na klar, die war ja auch blau, also überwiegend. Und das sah dann so aus:

Zum Video: Das Ziel war blau (nur Windows leider)

Der Tag

Jetzt war aber wirklich alles bereit, also fast: Zur Sicherheit kam noch Max mit, ein Segelkollege von Jochen; und den Spi zu dritt zu fahren, dass war schon eine gute Idee, wir konnten unsere Erfahrungen dann bündeln: Gemeinsam sind wir stark.

Stark ist das Stichwort: Max heißt Stark mit Nachnamen und er heißt nicht nur so, er ist es auch und er war der Jüngste – die Positionen waren schnell verteilt: Alles ab dem Mast nach vorn, das gehörte jetzt Max, er hatte das Handling des Spinnakerbaums geschossen, Jochen an der Pinne auf den heiklen Vorwindkursen und ich dazwischen an den Schoten für das Tuning, voilá die N-JOY-SPI-CREW.

Jedoch kam der Wind vom Alstervorland, nicht ideal für lange Vorwindkurse, also erst hoch zum HSC, dann zur Brücke aufkreuzen und dann: “Neuer Kurs: Raumer Wind!” … ein letztes Mal die Lieken hand-über-hand kontrollieren … ein letzter Blick auf das Leinengewirr … ein letzter Blick nach rechts voraus … und nicht zum letzen Mal: den Alsterdampfer durchlassen … und dann das Wichtigste, das Luvhorn prefeeden … und dann endlich: “Heiß auf den Spinnaker!”:

Hinter dem Weiß des Grossegels stieg sie auf, diese blaue Wand aus dünnem, knittrigem Tuch, und füllte sich im sonnigen Himmel über der Alster mit Wind und stand und zog und stand und zog das Boot als gäbe es kein Halten … Nicht nur Balkenhols Mann auf der Alster hatte den Mund weit geöffnet, als wir an ihm vorbeirauschten … Auch wir staunten in Tüten, am meißten über uns selbst: Es hatte funktioniert! Wäre da nicht diese Landmasse namens Winterhude gewesen, wir säßen immer noch auf dem Boot …

Also es macht einen heiden Spaß, es ist allerdings auch ordentlich Zeug zu handlen. Deswegen macht das mit der 3-er Crew auch Sinn, jedenfalls für uns. Und wer jetzt bis hierhin beim Lesen durchgehalten hat und zudem noch Lust bekommen hat – das Wetter muss natürlich stimmen für den Spi (=Leichtwindsegel) – dann meldet euch gern: Über Signal, die Gruppe heißt Spinnakerpiraten … obwohl, vielleicht benenne ich Sie noch um, in: 18 Quadratmeter … aber erst, wenn ich von der Alster zurück bin…

Ahoi,

Max Stark, Jochen Hammes, Karsten Klosse

Für die Funktion und den Betrieb dieser WebSite sind Cookies erforderlich.  Mehr erfahren